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Gertrudenkapelle (Güstrow)

Gertrudenkapelle (Güstrow) Güstrow

Gertrudenkapelle (Güstrow)

Im malerischen Städtchen Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern, Deutschland, steht die Gertrudenkapelle als beeindruckendes Zeugnis der reichen Geschichte und kulturellen Erbes der Region. Diese ehemalige Kapelle, die heute ein geschütztes Denkmal ist, hat im Laufe der Jahrhunderte bedeutende Wandlungen durchgemacht und sich von einem mittelalterlichen Ort der Anbetung zu einem ergreifenden Denkmal und Ausstellungsraum für die Werke des berühmten Künstlers Ernst Barlach entwickelt.

Die historische Reise der Gertrudenkapelle

Die Gertrudenkapelle, ursprünglich der heiligen Gertrud von Nivelles gewidmet, tauchte erstmals 1430 in historischen Aufzeichnungen auf. Damals bekannt als capella beate Gertrudis extra muros opidi Gustrow, befand sie sich außerhalb des Hageböker Tores von Güstrow. Die Kapelle diente vermutlich als Teil eines Krankenhauses oder einer Pilgerherberge, die Reisenden und Kranken geistlichen Trost und körperlichen Schutz bot. Kirchlich war sie eine Filialkirche der Güstrower Pfarrkirche St. Marien und unterstand dem Bistum Cammin.

Die architektonische Gestaltung der Gertrudenkapelle erinnert an andere mittelalterliche Krankenhauskapellen in der Region, wie zum Beispiel in Klein Grönau und bei Dassow. Sie zeichnet sich jedoch durch ihre Länge und die einzigartige Konstruktion ihrer Seitenwände aus, die ein Fachwerk mit einer Ziegelfassade aufweisen. Das rechteckige, einschiffige Gebäude ist mit einer flachen Holzdecke bedeckt, und das östliche Ende wird durch einen flachen, dreiseitigen Chor markiert. Das heutige Erscheinungsbild der Ostwand mit ihren drei zweibahnigen Fensteröffnungen stammt aus dem Jahr 1937. Die massive Westfassade ist mit fünf langen, rundbogigen Doppelnischen verziert, was ihr einen besonderen Charme verleiht.

Von Verfall zu Nazi-Symbolik

Im Laufe der Jahrhunderte erlebte die Gertrudenkapelle Phasen der Vernachlässigung und Umnutzung. Im 18. Jahrhundert wurde sie mit einem Begräbnisplatz in Verbindung gebracht, der nach der Reformation als Gertruden-Kirchhof bekannt wurde. Entlang der Friedhofsmauer wurden mehrere Mausoleen errichtet, und die Kapelle selbst diente als Begräbnisstätte. Im 19. Jahrhundert verfiel sie jedoch und wurde gelegentlich als Leichenhalle und Lagerraum für die Werkzeuge der Totengräber genutzt.

1931 erwarb die Stadt Güstrow die Kapelle und den ungenutzten Friedhof von der Kirche. Erste Restaurierungsversuche scheiterten, doch mit dem Aufstieg des Nationalsozialismus 1933 wurde ein neuer Zweck für das Gebäude gefunden. Die Kapelle wurde in eine Nazi-Ahnenhalle umgewandelt, die die rassisch idealisierten Familiengeschichten verherrlichen sollte, die von der Nazi-Ideologie propagiert wurden. Umfangreiche Renovierungen wurden durchgeführt, darunter der Wiederaufbau des Daches, der Längswände und der Westfassade. Am 30. August 1937 wurde die Kapelle feierlich als Ahnenhalle eingeweiht, mit einer Büste Hitlers und Tafeln, die die Namen der ältesten Familien Güstrows aufführten.

Ein neuer Anfang: Das Barlach-Denkmal

Mit dem Fall des Nazi-Regimes 1945 wurde die Ahnenhalle verlassen. 1949 beschloss der Stadtrat von Güstrow, die Kapelle als Denkmal und Ausstellungsraum für Ernst Barlach, einen bedeutenden deutschen Bildhauer und Schriftsteller, zu nutzen. Barlachs ehemalige Gefährtin, Marga Böhmer, spielte eine entscheidende Rolle bei dieser Umgestaltung und machte schließlich das Obergeschoss der Kapelle zu ihrem Zuhause. Die Kapelle wurde von den Nazi-Symbolen befreit und behielt ihren architektonischen Zustand von 1937 bei. Am 31. Oktober 1953 wurde sie offiziell als Barlach-Denkmal eingeweiht, das Barlachs Skulpturen zeigt und als bleibendes Zeugnis seines künstlerischen Erbes dient.

Die Gertrudenkapelle heute

Seit 1994 gehört die Gertrudenkapelle zur Ernst Barlach Stiftung. Von 2006 bis 2007 wurde das Gebäude umfassend renoviert, einschließlich eines neuen Daches und struktureller Verbesserungen. Während dieser Restaurierung wurden Teile der ursprünglichen Wandmalereien wiederentdeckt, und ein Abschnitt, der die Geißelung Jesu darstellt, wurde sorgfältig restauriert. In den Jahren 2008-2009 wurde ein von Architekt Diethelm Hoffmann entworfener Besucherpavillon hinzugefügt, der sanitäre Einrichtungen und einen Museumsshop umfasst.

Heute ist die Gertrudenkapelle eines von drei Museen in Güstrow, die dem Leben und Werk Ernst Barlachs gewidmet sind. Sie beherbergt eine Sammlung seiner Holzskulpturen und bildhauerischen Werke und bietet den Besuchern einen tiefen Einblick in seine künstlerische Reise. In der Nähe zeigt Barlachs ehemaliges Atelierhaus am Inselsee weitere Skulpturen, Modelle und grafische Werke, während ein angrenzendes Ausstellungsforum weitere Kunstwerke und ein Grafik-Kabinett mit Zeichnungen, Drucken und Manuskripten präsentiert.

Die Gertrudenkapelle steht als Symbol für Widerstandsfähigkeit und Wandel, spiegelt die bewegte Geschichte Güstrows wider und bewahrt das bleibende Erbe Ernst Barlachs. Ein Besuch dieses historischen Ortes bietet eine einzigartige Mischung aus mittelalterlicher Architektur, ergreifenden Denkmälern und inspirierender Kunst und ist ein unverzichtbarer Halt für alle, die die kulturellen Schätze Mecklenburg-Vorpommerns erkunden möchten.

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