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Obertorkapelle

Obertorkapelle Neuss

Obertorkapelle

Die Obertorkapelle, die sich neben dem historischen Obertor in Neuss, Nordrhein-Westfalen, befindet, ist ein bezauberndes Zeugnis des anhaltenden Geistes und Erbes dieser deutschen Stadt. Vor Ort als Overpootz-Kapellche bekannt, erzählt diese kleine Kapelle Geschichten von Hingabe, Widerstandskraft und Gemeinschaft, die seit Jahrhunderten in das Gefüge von Neuss eingewoben sind.

Ein historisches Kleinod

Die Geschichte der Obertorkapelle ist ebenso reichhaltig wie faszinierend. Ihre Ursprünge sind mit einem dramatischen Ereignis im April 1475 verknüpft, als Karl der Kühne Neuss belagerte. In ihrer Not unternahmen die Bürger eine Prozession zu einer der Jungfrau Maria geweihten Kapelle und beteten inständig um Rettung. Der Bürgermeister der Stadt gelobte, dass, falls ihre Gebete erhört würden, jeden Samstag eine Messe auf ewig abgehalten und das Obertor zu Ehren der Jungfrau Maria in Unser Lieben Frau Tor umbenannt würde. Wie durch ein Wunder kam eine Kanonenkugel von Kölner Truppen mit einer Botschaft über bevorstehende Hilfe, was eine Wende im Schicksal der Stadt bedeutete.

In den darauffolgenden Jahren wurde eine Bruderschaft gegründet, um die Ressourcen der Kapelle zu verwalten und die Fortführung der religiösen Dienste sicherzustellen. Diese Bruderschaft, erstmals 1482 dokumentiert, spielte eine entscheidende Rolle in der Geschichte der Kapelle. Trotz der Versuche der Franzosen im Jahr 1802, die Bruderschaft aufzulösen und die Kapelle umzuwidmen, blieb sie ein geschätzter Teil der Gemeinschaft.

Architektonische Merkmale

Im Jahr 1711 wurde die ursprüngliche Kapelle aufgrund von Bauschäden abgerissen und zwischen 1712 und 1713 neu errichtet. Das neue Gebäude wurde am Oktavtag der Mariä Himmelfahrt eingeweiht. Die Kapelle, ein einfaches einschiffiges Backsteingebäude, besitzt eine Altarnische und drei ovale Fenster, die das Innere erhellen. Ihr Satteldach wird von einem kleinen Glockenturm gekrönt, was ihren charmanten Charakter unterstreicht.

Das Innere der Kapelle überrascht mit einer barocken Brüstung auf der Empore, einem barocken Weihwasserbecken, Blumendekorationen und mehreren Skulpturen, darunter ein durchbohrtes Herz, das die Sieben Schmerzen Mariens symbolisiert. Der geflieste Boden ist ein weiteres bemerkenswertes Merkmal, das den einzigartigen Charakter der Kapelle unterstreicht.

Restaurierung und Erhaltung

Wie viele historische Bauwerke erlitt die Obertorkapelle während des Zweiten Weltkriegs erhebliche Schäden, die die Gottesdienste zum Erliegen brachten. Doch eine engagierte Restaurierungsinitiative führte zur Reparatur des Dachs und zur Wiederherstellung des Glockenturms. Neue Fenster, entworfen vom lokalen Architekten Willi Gilges, ersetzten die beschädigten und zeigen Anrufungen an die Jungfrau Maria in Bleiglas. Der Tabernakel und die Beleuchtungskörper wurden von Schmied Hans Mosterts nach Entwürfen der Neusser Augustinerinnen, Schwester Cassiana und Ursuline, gefertigt. Die Neuweihe der Kapelle fand am 2. April 1949 durch Kardinal Frings persönlich statt.

Ein Ort der stillen Besinnung

Heute gehört die Obertorkapelle zur katholischen Pfarrei St. Quirin und ist für Besucher von 11:00 bis 16:30 Uhr geöffnet, außer montags. Obwohl hier keine Sakramente mehr gespendet werden, finden gelegentlich Messen statt, zum Beispiel für örtliche Schützenvereine. Dieser beständige Ort der Anbetung bleibt ein ruhiger Platz zur Besinnung und ein Zeugnis des geistlichen und gemeinschaftlichen Lebens von Neuss.

Vermächtnis und Gemeinschaft

Neben der Kapelle errichteten die Neusser Augustinerinnen 1863 ein Kloster, das eine Hostienbäckerei sowie eine Näh- und Haushaltungsschule umfasste. Vor Ort als Klösterchen bekannt, bot dieses Gebäude einen direkten Zugang zur Kapelle, sodass die Schwestern die Gottesdienste von der Empore aus besuchen konnten. Heute ist das Klösterchen ein privates Wohnhaus, doch die Verbindung zur Kapelle bleibt für viele in der Gemeinschaft eine geschätzte Erinnerung.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Obertorkapelle nicht nur ein historisches Denkmal, sondern ein lebendiges Symbol des reichen Erbes und des anhaltenden Glaubens von Neuss ist. Ihre Wände erzählen Geschichten vergangener Prüfungen und Triumphe und bieten den Besuchern einen Einblick in die bewegte Vergangenheit der Stadt sowie einen friedlichen Rückzugsort im Herzen des modernen Neuss.

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