Der Reichenturm, auch als Bohata wěža im Obersorbischen bekannt, erhebt sich majestätisch am östlichen Rand der Altstadt von Bautzen in Sachsen, Deutschland. Dieses ikonische Bauwerk, das Teil der ehemaligen Stadtbefestigungen ist, ist nicht nur ein historisches Denkmal, sondern auch ein Zeugnis der Widerstandsfähigkeit und architektonischen Meisterleistung der Region. Aufgrund seiner einzigartigen Neigung wird der Reichenturm oft als der Schiefe Turm von Bautzen bezeichnet und zieht Vergleiche zu seinem berühmten Gegenstück in Pisa.
Der Bau des Reichenturms begann im Jahr 1490, wobei der untere, runde Teil des Turms bis 1492 fertiggestellt wurde. Ursprünglich war der obere Teil des Turms aus Holz, was zu jener Zeit üblich war. Dieser Turm war Teil der umfangreichen innerstädtischen Befestigungsanlagen, die im 14. und 15. Jahrhundert entwickelt wurden, um die Stadt vor Eindringlingen zu schützen.
Im Jahr 1555 wurde dem Turm eine Glocke hinzugefügt, die die vollen Stunden schlug und damit ein wesentlicher Bestandteil des täglichen Lebens der Stadt wurde. Doch 1593 wurde der hölzerne obere Teil aufgrund der Einsturzgefahr abgebaut und neu errichtet. In dieser Zeit wurde auch ein Schuldgefängnis auf der stadtzugewandten Seite des Turms hinzugefügt, was die vielfältige Rolle des Turms in der Stadtverwaltung unterstreicht.
Der Turm erlitt während der Belagerung von Bautzen im Jahr 1620 erhebliche Schäden. Am 3. Oktober desselben Jahres wurde er von sächsischen Truppen in Brand gesetzt und brannte bis auf die Grundmauern nieder. Der Wiederaufbau des Reichenturms begann 1627, und bis 1628 waren die Dachstühle und die Turmspitze wiederhergestellt, obwohl die Glocke aus finanziellen Gründen nicht ersetzt wurde.
Ein weiteres Unglück ereignete sich 1639, als der Turm von abziehenden schwedischen Truppen erneut in Brand gesetzt wurde und für 24 Jahre in Trümmern lag. Erst 1663 wurden die Wiederaufbauarbeiten wieder aufgenommen, angeregt durch den Einsturz des Rathausturms im Jahr 1660. Bereits im Juni desselben Jahres war der Reichenturm wiederhergestellt, einschließlich eines neuen Dachs und der Glocke aus dem Rathaus.
Die turbulente Geschichte des Turms setzte sich mit einem weiteren verheerenden Brand im Jahr 1686 fort, der ihn für ein Jahrzehnt in Trümmern ließ. Der Wiederaufbau im Jahr 1696 umfasste die Fertigstellung der Turmspitze und die Installation einer neuen Wetterfahne. Doch erneut, 1709, zerstörte ein Stadtbrand, der in der Hauensteinergasse seinen Ursprung hatte, den Turm, der bis 1715 als Ruine blieb. Eine von der Stadtverwaltung 1714 organisierte Lotterie brachte die notwendigen Mittel für den Wiederaufbau, der im April 1715 begann. Diesmal wurde der obere Teil des Turms in einem robusteren barocken Stil erbaut, entworfen von Johann Christoph von Naumann und ausgeführt von Baumeister Johann Christoph Steinert, und erreichte bis 1718 seine heutige Höhe von 56 Metern.
Im Laufe der Jahre gab es Bedenken bezüglich der Stabilität des Turms, insbesondere nachdem der massive obere Teil hinzugefügt wurde. 1747 stellte man fest, dass die Turmspitze mehr als eine halbe Elle (etwa 30 cm) in Richtung Reichengasse und Steingasse geneigt war. Das unzureichende Fundament, das nur 80 cm tief war, in Kombination mit den Auswirkungen früherer Brände, trug zu dieser Neigung bei. Trotz Vorschlägen, den schweren oberen Teil durch eine leichtere Holzkonstruktion zu ersetzen, wurden diese Pläne nie umgesetzt. Erst 1953/54 konnten Stabilisierungsmaßnahmen die Neigung des Turms erfolgreich stoppen, obwohl er heute noch 1,44 Meter von der Vertikalen abweicht.
Der Reichenturm ist nicht nur ein Wunderwerk der mittelalterlichen und barocken Architektur, sondern auch ein kultureller Schatz. An den Turm war das Reichentor angeschlossen, eine Reihe von vier gotischen Bögen und einem Mauer-Rondell, die größtenteils 1837 abgerissen wurden. Der letzte verbleibende Bogen wurde 1968 entfernt, um den Verkehrsanpassungen gerecht zu werden.
An der Ostseite des Turms befindet sich ein 2 Meter hohes Relief aus dem Jahr 1593, das Kaiser Rudolf II. mit zwei Herolden darstellt. Dieses Denkmal, ursprünglich Teil des Reichentors, ist eine seltene frühneuzeitliche Hommage an den Kaiser und spiegelt wahrscheinlich die Unterstützung der Stadt für seine Feldzüge gegen die Türken wider. Nach einer teilweisen Konservierung im Jahr 1994 wurde das Relief 2011 vollständig restauriert.
Die Nordseite des Turms trägt noch Überreste der alten Stadtmauer, die einen Einblick in die historischen Befestigungen der Stadt geben. Diese Überreste unterstreichen die strategische Bedeutung von Bautzen in der Verteidigung der Region.
Heute ist der Reichenturm von April bis Oktober für Besucher geöffnet. Der Aufstieg über die Wendeltreppe belohnt euch mit einem Panoramablick auf Bautzen und die umliegende Landschaft. Beim Aufstieg könnt ihr fast die Echos der Geschichte durch die Wände hallen hören, vom Klirren der Ketten der Schuldner bis zum Knistern der Brände, die ihn einst verwüsteten.
Zusammenfassend ist der Reichenturm mehr als nur ein schiefer Turm; er ist ein Symbol für die Widerstandsfähigkeit und das architektonische Erbe von Bautzen. Seine bewegte Vergangenheit und einzigartige Struktur machen ihn zu einem Muss für jeden, der diese malerische sächsische Stadt erkundet. Ob ihr Geschichtsinteressierte, Architekturliebhaber oder einfach neugierige Reisende seid, der Reichenturm bietet eine faszinierende Reise durch die Zeit.
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